Plastik in Öl umwandeln
Das Forschungsprojekt PLASTOL stellt aus Kunststoff klimaneutrale Brennstoffe her
Im Rahmen der globalen Klimakrise sind Plastikabfälle eines der sichtbarsten Probleme, die unsere Umwelt massiv belasten: Durch unsere Wegwerfgesellschaft gelangen bis zu 12,7 Millionen Tonnen Plastik jährlich in die Ozeane und belasten das dort vorhandene, empfindliche Ökosystem. Während teils gigantische Müllteppiche die Meeresböden überschwemmen und massiv verschmutzen, verenden zur gleichen Zeit Meeressäuger und Meeresvögel qualvoll an diesen Abfällen. Dabei führt insbesondere die einmalige Verwendung von Plastik zu einer globalen Flut der Verschmutzung, denn die Wiederverwendung des Kunststoffs ist begrenzt: In Deutschland werden gerade mal 17,3 Prozent der Plastikabfälle recycelt, wobei sich einige dieser Kunststoffe nur schwer wiederverwenden lassen. Dies liegt mitunter an den unterschiedlichen Herausforderungen, die ein reststofffreier Wertstoffkreislauf mit sich bringt. Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und eine Umwandlung von Plastikabfällen in neue Produkte braucht es Verfahren, die einerseits zuverlässig funktionieren und andererseits qualitativ hochwertige und damit wirtschaftliche Produkte garantieren.
Professorin Sievers und Professor Willner der HAW Hamburg haben ein Verfahren entwickelt, durch das sich Plastikabfälle in Öl und damit in Brennstoff für die ebenfalls umweltbelastende Autoindustrie umwandeln lässt. Somit bekämpfen sie mithilfe ihres Verfahrens nicht nur das globale Plastikproblem, sondern bieten zudem eine Alternative für fossile Brennstoffe. Innerhalb eines zweistufigen Konzepts werden in einem ersten Schritt niedrigviskose Öle aus Plastik erzeugt, die in einem zweiten Schritt zu Produkten für den Petrochemie-, Brennstoff und Kraftstoffmarkt aufbereitet werden. Durch das vom Forschungsteam entwickelte Verfahren werden – für ein Recycling eigentlich ungeeignete – Plastikabfälle erfolgreich wiederverwendet und damit in den Stoffkreislauf zurückgeführt.
Neues nochmal neu denken: Mit dem READi-Prozess zum Plastikrecycling
Das neue Verfahren basiert dabei auf einer von Professor Willner und Professorin Sievers und in Zusammenarbeit mit der Firma Nexxoil bereits entwickelten Prozess (READi), der seit seiner Entwicklung 2009 erfolgreich auf kohlenstoffhaltige Abfälle wie Altfette, Schiffsöle und Altölrecycling-Rückstände im Technikumsmaßstab angewandt wird. Während klassische Verfahren für die stoffliche Verwertung nicht-recyclefähiger Plastikabfälle wie Vergasung, Zersetzung durch Pyrolyse oder auch durch die Stoffumwandlung mittels Katalysator bestimmte Nachteile aufweisen (zu hoher Energiebedarf, Öle mit erhöhtem Raffinationsbedarf, Empfindlichkeit im Rahmen der Umsetzung) lassen sich eben jene Faktoren durch den READi-Prozess vermeiden. Dieser Prozess basiert auf einer organischen Solvoyose und gehört damit zu einer Verfahrensweise, die auf organischen Lösungsmitteln basiert. Dadurch lässt sich der Energiebedarf eingrenzen, wobei gleichzeitig auf empfindliche Katalysatoren verzichtet werden kann und zudem keine Rückstände entstehen, die nochmals raffiniert werden müssten.
„Calls for Transfer“ ermöglicht den Startschuss für das neue Verfahren
Um den READi-Prozess in Bezug auf Plastikabfälle anwenden zu können, haben Anika Sievers und Thomas Willner einen Antrag bei der Förderline „Calls for Transfer“ eingereicht: Mithilfe der Fördersumme konnte die Arbeitsgruppe einen klimaneutralen Kraftstoff herstellen, der aus Plastikabfällen und Biomasse gewonnen wird. Im Rahmen des Forschungsprojekts konnte das Team den READi-Prozess nicht nur von Altölen und -fetten auf Plastikabfälle übertragen, wofür sie den vorhandenen Reaktor umbauten und modifizierten, sondern auch Produktproben herstellen, die für Gespräche mit Unternehmen der Entsorgungswirtschaft herangezogen werden konnten. Die Verfahrenstechniker haben damit ein Verfahren entwickelt, dass verheerendes Plastik zu Brennstoff mobilisiert, wodurch es in den Stoffkreislauf zurückgeführt wird. Gleichzeitig gewinnt die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft: Während an der HAW Hamburg nun im Department Verfahrenstechnik und in Kooperation mit Nexxoil Plastik erfolgreich recycelt wird, sind diverse Partner aus der Energiewirtschaft durch dieses C4T-Forschungsprojekt in der Lage, ihre Plastikabfälle erneut und damit klimaneutral zu nutzen
Mehr zu C4T
Weitere Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen finden sich hier:
Förderrichtlinie Calls for Transfer: PDF-Download
Beantragungsformular: Download
Kontakt
Ansprechpartnerinnen Calls for Transfer
Mareike Post
Projektleitung der Fördermaßnahme „Calls for Transfer“
Hamburg Innovation GmbH
Telefon: +49 40 76629-3153
E-Mail: post@hamburginnovation.de
Katja Vogler
Projektassistentin Fördermaßnahme „Calls for Transfer“
Hamburg Innovation GmbH
Telefon: +49 40 76629-3158
E-Mail: vogler@hamburginnovation.de
Stories zu C4T
RELA
TED
Durch Calls for Transfer gefördertes Forschungsprojekt zu Kinder- und Jugendarbeit in Corona-Zeiten stellt Ergebnisse auf Fachtagung vor
Calls for Transfer (C4T) ermöglichte die Startphase des insgesamt zweieinhalbjährigen Forschungstransferprojekts unter der Leitung von Professorin Gunda Voigts der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW
Neue Analysemethoden von Mikroplastik erprobt
Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) hat die Europäische Union im Jahr 2008 ein einheitliches Richtlinienkonzept für einen ganzheitlichen Meeresschutz beschlossen. Eine große Bedrohung für unser Gewässer
Bewegung im virtuellen Raum
Virtual Reality (VR) findet mittlerweile in den unterschiedlichsten Branchen Anwendung, wodurch die Bedeutung der Technologie in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Dabei wird Bewegung
Durch Membrane zu sauberem Trinkwasser
Der sichere Zugang zu sauberem Trinkwasser ist nicht in allen Menschen auf der Erde gewährt: Rund 30 % der Weltbevölkerung waren im Jahr 2020 davon