Biobasierte Kunststoffe: neue Lösung für das globale Plastikproblem
Anne Lamp, Doktorandin an der TUHH, entwickelt ein neues Verfahren – mit weitreichenden Folgen
Angesichts des Klimawandels besteht dringender Handlungsbedarf: Ohne nachhaltige Veränderungen, die unseren Alltag umfassend durchdringen, steuert die globale Gesellschaft auf eine verheerende Krise zu.
Einer der Faktoren, die unserer Umwelt maßgeblich schaden, ist der seit 1950 unentwegt produzierte Kunststoff in unterschiedlicher Machart – 85% der weltweit produzierten Kunststoffe liegen weiterhin auf Deponien oder verschmutzen zunehmend den Ozean.
Das empfindliche Ökosystem, das in den Tiefen der Meere beheimatet ist, ist bereits jetzt durch fünf Milliarden Tonnen unseres Plastikmülls belastet, der nicht abbaubar ist. Insbesondere Einwegprodukte, die selbst in Ländern mit einem funktionierenden Recyclingsystem für Verpackungen nicht wiederaufbereitet werden können, bedrohen unsere Umwelt und beschleunigen den Klimawandel. Aus diesem Grund werden in der EU ab 2021 sogenannte single-use plastics verboten.
Ein neues Verpackungsmaterial, das die Umwelt schont
Dementsprechend braucht es umweltschonende Alternativen zu Plastikverpackungen aller Art. Anne Lamp, Doktorandin bei Professor Kaltschmitt am Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der Technischen Universität Hamburg, hat anhand ihrer Forschung ein neues Verfahren entwickelt, um das globale Plastikproblem zu lösen.
Durch dieses Verfahren lässt sich aus kompostierbaren Reststoffen der Agrarindustrie ein neuartiges Material herstellen, aus dem ein Bioplastikfilm, Biohartplastik und Beschichtungen gewonnen werden können. Diese abbaubaren Kunststoffe sind zu 100% biobasiert, konkurrieren nicht mit der Lebensmittelproduktion, benötigen keine umwelt- oder gesundheitsschädlichen Weichmacher oder andere Zusatzstoffe und sind sogar in Privathaushalten kompostierbar.
„Ich habe mich bei der Entwicklung dieser Technologie an dem Cradle-to-Cradle-Prinzip orientiert, das heißt, mein oberstes Ziel war es, die Produktentwicklung nach dem biologischen Kreislauf auszurichten und so die Nachhaltigkeit dieser neuen Materialien sicherzustellen“, erklärt Anne Lamp in Bezug auf ihre Biokunststoffe, durch deren Einsatz unsere Umwelt geschont wird.
Anne Lamps biobasierte Kunststoffe können das weltweite Plastikproblem lösen
Während andere (Bio-)Kunststoffe auf synthetisch hergestellten Polymerketten basieren und dadurch nur begrenzt durch Mikroorganismen unserer Umwelt zerkleinert werden können, stellt Anne Lamp ihr neuartiges Material aus Reststoffen der Agrarindustrie her. Aufgrund der Verwendung dieser Rohstoffquellen sind die Werkstoffe proteinbasiert und vollständig abbaubar.
Das so gewonnene neue Material besitzt mechanische, wasserabweisende und lagerstabile Eigenschaften, die mit denen herkömmlicher Kunststofffolien und Hartkunststoffe vergleichbar sind. Allerlei Produkte, die viel zu leicht in die Umwelt gelangen können, wie beispielsweise Einkaufstaschen oder Lebensmittelverpackungen, lassen sich durch diese biobasierten Kunststoffe ersetzen, wodurch unsere Umwelt ein Stück weit weniger belastet werden würde.
traceless: mit "Calls for Transfer" zur Ausgründung
Doch nicht nur der Umweltbeitrag ist durch Anne Lamps Verfahren für abbaubare Kunststoffverpackungen maßgeblich: Mithilfe ihrer innovativen Technologie lässt sich der Markt für Biokunststoffe möglicherweise revolutionieren, denn ihr entwickeltes Material aus Rohstoffen der Agrarindustrie ist innerhalb weniger Wochen kompostierbar, essbar und lässt sich zu einem wettbewerbsfähigen Preis herstellen.
Durch ihr Verfahren lässt sich das massive Problem der single-use plastics lösen, wodurch Anne Lamp nicht nur zu einer nachhaltigeren Zukunft beiträgt, sondern auch die Forschungslandschaft Hamburgs bereichert.
Ihr Material konnte sie durch das Hamburger Förderprogramm „Calls for Transfer“ zur Produktreife bringen und plant nun, gemeinsam mit der Betriebswirtin Johanna Baare, eine Ausgründung, die ihr Produkt weiter nach vorn bringen soll.
Hierbei wird sie vom Startup Port unterstützt, der Heimathafen für Ausgründungen aus der Wissenschaft Hamburgs ist. Einen Namen haben Anne Lamp und Johanna Baare für ihr zukünftiges Unternehmen bereits: traceless – materials designed for nature.
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Weitere Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen finden sich hier:
Förderrichtlinie Calls for Transfer: PDF-Download
Beantragungsformular: Download
Kontakt
Ansprechpartnerinnen Calls for Transfer
Mareike Post
Projektleitung der Fördermaßnahme „Calls for Transfer“
Hamburg Innovation GmbH
Telefon: +49 40 76629-3153
E-Mail: post@hamburginnovation.de
Katja Vogler
Projektassistentin Fördermaßnahme „Calls for Transfer“
Hamburg Innovation GmbH
Telefon: +49 40 76629-3158
E-Mail: vogler@hamburginnovation.de
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