Archiv, C4T-Projekt

Neue Analysemethoden von Mikroplastik erprobt

Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) hat die Europäische Union im Jahr 2008 ein einheitliches Richtlinienkonzept für einen ganzheitlichen Meeresschutz beschlossen. Eine große Bedrohung für unser Gewässer als Lebensraum stellt die zunehmende Verunreinigung mit Mikrokunststoffen dar. Deshalb schreibt die MSRL seit 2010 vor, dass Abfälle im Meer in ihrer Zusammensetzung überprüft werden müssen, da sie ein wichtiger Indikator für den Umweltzustand der Meere sind. Professorin Gesine Witt, Leiterin der Forschungsgruppe Umweltanalytik und Ökotoxikologie an der HAW Hamburg, forscht zu einem weiteren möglichen Indikator in Bezug auf das Gefahrenpotenzial von Mikroplastik: Kleinste Plastikartikel weisen nämlich die Tendenz auf, an ihrer Oberfläche sogenannte hydrophobe organische Schadstoffe (HOC) aufzunehmen und wieder abzugeben. Das kann eine mögliche Anreicherung von HOC in der Nahrungskette von aquatischen Lebewesen zur Folge haben. Durch die Förderung von Calls for Transfer konnte eine Wissenschaftskooperation zur Überprüfung dieses Phänomens realisiert werden und damit eine gewichtige Lücke im Wissen um den Zustand und den Schutz von Gewässern und darin beheimateten Lebewesen geschlossen werden.

Sammelt Mikroplastik zusätzlich Schadstoffe an?

Das von Professorin Witt geleitete Projekt „Mikroplastik als Schadstoffsammler – „Ein innovativer Ansatz zur kombinierten chemischen und biologischen Analyse von hydrophoben organischen Schadstoffen (HOC)  in Mikroplastik (MIKROTOX)“ untersuchte die sogenannte Bioverfügbarkeit der Schadstoffe, die potentiell an Mikroplastikpartikeln gebunden werden. Als bioverfügbar wird die Stoffmenge bezeichnet, die aus der Meeresumwelt von Organismen aufgenommen werden und eine bestimmte Wirkung entfalten kann. Ein großes Gefahrenpotenzial liegt dabei in einer möglichen toxischen Wirkung, von der Lebewesen im Wasser und Sediment betroffen sein können. Dies hat Folgen für die gesamte Nahrungskette. Bisher existierten nur sehr wenige wissenschaftlichen Untersuchungen zur Bioverfügbarkeit von HOCs, die an Mikroplastik gebunden sind. Das von Professorin Witt geleitete Forschungsprojekt kombinierte erstmals die innovative Methode zur Messung der bioverfügbaren Anteile von HOCs mithilfe der passiven Sammelmethoden auf Silikonbasis (Festphasenmikroextraktion) mit den Biotests.

Bildrechte: Gesine Witt

Calls for Transfer ermöglicht Erprobung neuer Analysemethoden

Im Rahmen der Studie wurde an verschiedenen Orten entlang der Elbe und der Darß-Zingster Bodenkette die Aufnahmekapazität sowie die Belastung von bestimmten Mikroplastikmaterialien untersucht und verglichen. Durch die Förderung von Calls for Transfer konnte damit erstmals das chemische Analyseverfahren zur HOC Belastung mit aquatischen Biotests im sogenannten „passive dosing“ Verfahren verbunden werden.  Biotests ermöglichen die Ermittlung der Wirkung von Einzelchemikalien und Schadstoffmischungen auf Organismen wie beispielsweise Algen oder Wasserflöhe. Biotests sind Analysemethoden, die lebende Zellen oder Organismen wie beispielsweise Wasserflöhe oder Algen einsetzen, um deren Reaktion auf Umweltschadstoffe zu messen. Die Dosierungsmethode „passive dosing“ überwindet Konzentrationsverluste in aquatischer Umgebung durch eine konstante Aufrechterhaltung der Chemikalienmenge im Wasser über den gesamten Testzeitraum. Dieser im Rahmen von Calls for Transfer erprobte Ansatz stellt ein innovatives Tool für ein wissenschaftliches Monitoring dar und leistet als Indikator einen wichtigen Beitrag der in der MSRL beschlossenen Richtlinien eines ganzheitlichen Meeresschutzes.

Das Projekt wird seit 2021 im Rahmen eines von der HAW Hamburg finanziertem Promotionsprojekt weitergeführt. Das Wissen aus der Erprobungsphase wurde an den Doktoranden Moritz Kielmann weitergeben und wird von ihm ausgebaut. Derzeit wird getestet, welche Einflussgrößen wie Beschaffenheit, Größe und Material der Mikroplastikpartikel am meisten die Anreicherung von HOC beeinflussen. Weiterführend werden die Indikatoren auf ein umfangreiches Datenwerk angewendet. Außerdem wurden bereits weitere Proben im Rahmen der Elbe Expedition 2022 mit dem Forschungsschiff Aldebaran genommen, um auch für das Elbsediment eine Bewertung bezüglich der Schadstoffbelastung durch Mikroplastikpartikel vornehmen zu können.

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Weitere Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen finden sich hier:

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Förderrichtlinie Calls for Transfer: PDF-Download

Beantragungsformular: Download

Kontakt 

Ansprechpartnerinnen Calls for Transfer

Mareike Post
Projektleitung der Fördermaßnahme „Calls for Transfer“
Hamburg Innovation GmbH
Telefon: +49 40 76629-3153
E-Mail: post@hamburginnovation.de

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